"Projekte haben riesigen Impact"

Interview mit Ivo Kamenov

Ivo Kamenov, GdW-Experte für Online-Kommunikation, unterstützt seit 2019 die Arbeitsgruppe Social Media bei der DESWOS. Als besondere Form der ehrenamtlichen Unterstützung und vom GdW gefördert, begleitete er Gregor Peter nach Afrika. Seine Aufgabe war, die DESWOS-Projekte und das Leben der Menschen in den Projekten mit Fotos und Videos zu dokumentieren. Seine zahlreichen Fotos und Videos, die er jetzt noch bearbeiten wird, sind enorm hilfreich für unsere Öffentlichkeitsarbeit. Dafür sind wir ihm sehr dankbar! Uns war sein Außenblick wichtig und wir haben ihn deshalb um ein Interview gebeten.

DESWOS: Lieber Ivo, Du warst das erste Mal in Afrika. Was war Dein persönlicher Eindruck von der Armut in den Projektorten in Uganda und im Südsudan? 

Ivo KamenovFür mich lässt sich das gut an den Flüchtlingscamps im Südsudan und an der Flüchtlingssiedlung Kyangwali in Uganda beschreiben, die wir besucht haben.

 

Spontan gesagt: In Uganda gab es viel Grün, Bäume, weil mehr Regen. Jede Familie hatte ihren Platz, kleine Häuschen. Es war der langjährige Ansatz der ugandischen Regierung, die Geflüchteten nicht auf engen Camps zusammen zu pferchen, sondern ihnen auch ein Stück Land zu geben, damit sie sich selber versorgen können. 

 

Das Erste, was Du denkst, wenn Du in die Siedlung im Südsudan kommst: Sehr bedrückend. Sehr eng. Überall Zelte. Kaum Platz zum Spielen. Alles ist extrem verstaubt. Kaum Bäume. Kein Schatten, gar nichts. Es ist, als ob die Menschen erst gestern dort angekommen sind. Mit Nichts. Höchste Not!

 

Es sind zwei Orte, an denen Menschen, die flüchten mussten, in extremen Situationen leben. Und doch wirken die Lebensumstände der Geflüchteten in Uganda, im Vergleich zu denen im Südsudan noch etwas menschlicher und durch die Hütten sogar dörflicher. In den Flüchtlingscamps im Südsudan wirkte die Armut dagegen schreiend ungerecht.

DESWOS: Gab es Begegnungen mit Menschen, die für Dich sehr prägend waren? 

Ivo KamenovViele. Das liegt auch daran, dass wir vor Ort viele gute Projektpartner haben. Ich habe mich gefreut, dass ich einige endlich kennenlernen konnte. Gleich am Anfang war das Ntakamaze Nzyionvira von der Partnerorganisation CIYOTA in Uganda, der mit seiner Familie mehrere Jahre in den USA gelebt hat. Sein Leben dort hat er aufgegeben, weil er versprochen hatte, irgendwann wieder nach Uganda zurückzukehren, um für die Menschen dort einen Beitrag zu leisten. Was für ein Verantwortungsbewusstsein! Das fand ich bemerkenswert. Mit den Sisters vom Schwesternorden der DMI Daughters of Mary Immaculate, der Partnerorganisation der DESWOS, gemeinsam die Projekte im Südsudan zu besuchen, das war intensiv und beeindruckend. Sie sind so perfekt organisiert und stets bemüht, den Menschen zu helfen. Richtig tolle Partnerinnen!

 

Von den Menschen vor Ort hat mich die 14 jährige Rosaline Shadia aus dem Kongo wirklich beeindruckt. Ihre Eltern sind im Krieg verstorben. Sie lebt jetzt mit ihrer Schwester bei der Oma im Ort Kyangwali, Uganda. Durch den Verlust der Eltern wirkte Rosaline trotz ihres jungen Alters, schon sehr erwachsen. Von allen Kindern zeigte sie eine große Stärke und Entschlossenheit. Mir schien, das alles hat sie zu einem Menschen gemacht, den man im Leben nicht mehr brechen kann! Mit so viel Motivation für’s Leben.

DESWOS:  Was war Dein schönstes und bedrückendstes Erlebnis?

Ivo KamenovSehr bedrückend war es in den Flüchtlingssiedlungen. Die extreme Armut. Schwer zu beschreibende Gerüche. Beim Besuch im Flüchtlingscamp in Juba im Südsudan konnten wir in eine Hütte schauen. Darin standen zwei Bettgestelle mit einer verdreckten Matratze, ein paar Kleidungsstücke, nur wenige Lebensmittel und ein Plastikeimer. Das war alles. Es war stickig, staubig und dunkel.

 

Sehr bewegend war für uns die Äußerung einer Frau, ihr einziges Glück bestehe darin, dass ihre Kinder in der Flüchtlingssiedlung zur Schule gehen könnten.

 

Dann und wann musste ich mir eine emotionale Pause gönnen, um mich nach solchen Erlebnissen und dem Anblick extremer Armut sammeln zu können. 

 

Schöne Erlebnisse gab es viele. Schön war es, trotz ihrer harten Lebenssituation auch die Freude der Menschen zu sehen. Die Neugier der Kinder, die manchmal unsere Haut berühren und Kontakt aufnehmen wollten. Viele haben uns begleitet, uns oft „Muzungu“ zugerufen. So werden hier „Weiße“ genannt. Mit zwei Kindern habe ich spontan ein bisschen gekickert, mit ihrem aus Stoff gewickelten Fußball. Das alles waren besondere Momente.

DESWOS:  Wir fördern dort Wohnraum, Bildung und Gesundheit sowie Ernährung. Wie schätzt Du diese Maßnahmen ein? 

Ivo KamenovAn der Reaktion der Menschen vor Ort konnten wir es gut sehen: Egal, ob das den Hausbau im Südsudan betraf, oder das Schulessen für die Kinder in der Dorfschule in Uganda. Es war ganz klar, für die Menschen haben die DESWOS-Projekte einen riesigen Impact, einen riesigen Nutzen.

 

Hausbau, Bildung und Gesundheit sind aus meiner Sicht die drei wichtigen Säulen, wenn wir die Lebensbedingungen der Menschen verbessern wollen. Besonders in den Flüchtlingssiedlungen ist mir auch nochmal klar geworden: Wenn wir in den nächsten 10, 20, oder 30 Jahren weiterkommen wollen, brauchen wir verstärkt Bildung, um aus der Armut herauszukommen.